Luftfilter anwenderfreundlich und realitätsnah bewerten
Durch einen Formfehler bei dem Europäischen Komitee für Normung (CEN) ist das Datum für die Normeinführung von den EU-Mitgliedsländern frei wählbar. So haben beispielsweise die Niederlande und Großbritannien die EN ISO 16890 bereits jetzt als allein gültige Norm eingeführt, während in Deutschland der 30. Juni 2018 als finales Datum feststeht. Bis zu diesem Zeitpunkt koexistieren die alte EN 779 und die neue Prüfnorm EN ISO 16890.
Warum neu?
Die alte Prüfnorm bewertet Filter über den mittleren Wirkungsgrad, bezogen auf die Partikelgröße von 0,4 µm. Synthetischer Laborstaub, der sogenannte “ASHRAE”-Staub, belädt dabei den Filter. Diese Form der Beurteilung hat zwei große Schwächen: Einerseits sind die Partikelgrößen, die für die produzierende Industrie von Relevanz sind, im Realfall orts- und anwendungsspezifisch. Dies konnte bis dato nicht ausreichend abgebildet werden. Andererseits birgt der bewertete, mittlere Wirkungsgrad Schwächen. Obwohl der Anfangswert mancher Filterwirkungsgrade gering ist, verbessert sich der Wert bei der Beladung mit Partikeln deutlich. Ein guter, mittlerer Filterwirkungsgrad resultiert – zumindest im Labor. In der Praxis bleibt der Filterwirkungsgrad mit der Einlagerung atmosphärischen Staubes eher konstant oder nimmt sogar ab.
Was ist neu?
Bei der ISO 16890 werden künftig Filterabscheidegrade mit Blick auf die drei Feinstoffklassen PM1, PM2,5 und PM10bewertet. Dies erlaubt eine deutlich realitätsnähere Abbildung der Luftverunreinigungen und lässt den Anwender den Fokus auf die für ihn relevante Partikelgröße setzen. In der Folge sind Filterprodukte deutlich zielgerichteter wählbar. Auch die Filterprüfung nach der neuen ISO 16890 bildet die Praxis besser ab. Die Bestimmung der Trenngradkurven für Feinfilter erfolgt für die Partikelgrößen von 0,3 µm bis 10 µm mit definierten Aerosolen aus DEHS oder Kaliumchlorid. Nach der ersten Messung werden die Filter einer Isopropanol-Atmosphäre ausgesetzt. Diese Behandlung senkt die elektrostatische, und somit gesamte Abscheideleistung auf ein Minimum, welches messtechnisch erfasst wird. Aus den Mittelwerten der beiden Trennkurven, vor und nach der Isopropanolbehandlung, ergeben sich die Abscheidegrade für Partikelgrößen bis 1 µm (ePM1), 2,5 µm (ePM2,5) und 10 µm (ePM10). Das vorgesetzte “e” steht dabei für “efficieny”, also die Effizienz des jeweiligen Filters. Zudem sind die Werte ePM1,min und ePM2,5,min von Bedeutung, die die minimalen Abscheidegrade der Filter widerspiegeln. Um das Staubspeichervermögen der Filter zu bestimmen, werden diese mit “AC-fine” Teststaub beaufschlagt.
Basierend auf den Messergebnissen lassen sich die Filter in vier Gruppen, und nicht mehr in abstrakte synthetische Filterklassen, einordnen. Die Voraussetzung für die Einordnung in die jeweilige Gruppe ist eine Mindestabscheidung von 50% im entsprechenden Filtergrößenbereich, d. h. der Filter scheidet mindestens 50% der betrachteten Partikelgrößenklasse ab. Trennt ein Filter beispielsweise mehr als die Hälfte der Feinstaubgrößenklasse PM10 ab, wird er nach ISO 16890 der Gruppe ePM10zugeordnet. Zur genaueren Klassifizierung befindet sich hinter der relevanten Größenklasse der jeweilige Abscheidegrad, abgerundet in 5%-Schritten. Ein ISO ePM10, 65% scheidet somit mindestens 65% des Feinstaubs der Größenklasse bis 10 µm ab. Die Einordnung der Filter ergibt sich in Einzelfallbetrachtungen.
Was bedeutet das für die Praxis?
Die neue ISO 16890 berücksichtigt den Standort und die dort vorliegende Staubbelastung. Eine einfache Abschätzung der Filterwahl kann der Anwender selbst durchführen: Auf der Homepage des Umweltbundesamtes sind die aktuellen Luftdaten auslesbar. Zur Bewertung werden die jährlichen Mittelwerte herangezogen, die unter folgender URL zu finden sind: www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/feinstaub. Dort kann der Benutzer den mittleren Jahreswert für PM10 in der Nähe seines Standortes auslesen. Die Station in Hannover liefert einen mittleren Wert von 16 µg/m3. Ein Filter vom Typ ePM10, 80% hält 80% der Partikelgrößenklasse PM10 zurück, die Luftbelastung nach Filterdurchgang liegt somit bei 3,2 µg/m3. An anderen Orten in der Bundesrepublik ergeben sich natürlich andere Werte. Durch die transparente Zuordnung der Filtergruppen kann so eine Filtervorauswahl getroffen werden. Der VDI befasst sich momentan mit der Anpassung der relevanten Filterrichtlinie VDI 3803 Blatt 4, die voraussichtlich pünktlich zur Einführung der ISO 16890 erscheint. Anwenderspezifische Informationen lesen Sie in der nächsten Ausgabe.
Fazit
Die ISO 16890 vereinfacht die bedarfsgerechte Filterauswahl.
Freudenberg Filtration Technologies, Weinheim, Karsten Schulz, Tel. +49 6201 806224, karsten.schulz@freudenberg-filter.com, www.freudenberg-filter.de
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