KTL und Pulver für Trailer-Chassis
Bestandteil ist auch ein sogenannter Sequenzer, ein dynamisches Lager, in dem die Produkte in jedem Schritt der Beschichtung einlagerbar sind. So können die Produkte dann in der optimalen Sequenz an die Montage übergeben werden. Volker Perk, Leiter Industrial Engineering betont: “Wir setzen bei der Beschichtung unserer Chassis neue Maßstäbe in Sachen Qualität, Korrosionsschutz und Nachhaltigkeit sowie in puncto Umweltschutz und Energieeffizienz.”
Prozesskette
Seit Anfang Juli fertigt das Unternehmen im Probebetrieb die ersten Fahrgestelle. Die zu beschichtenden Chassis gelangen nach der Anlieferung zunächst in einen Roh-Chassis-Puffer. Bereits hier wird Energieeffizienz umgesetzt. Warme Luft aus den Abkühlbereichen der Öfen wird direkt in den Puffer geleitet, sie erwärmt und trocknet die Roh-Chassis. Ist die Lackierung vorgesehen, übernimmt die Fördertechnik an einer Aufbindestation mit zwei automatisierten Hallenkränen das jeweilige Roh-Chassis. Beim weiteren Transport durch die Anlage kommen dabei besonders leichte Warenträger zum Einsatz – in Summe ist also weniger Gewicht zu fördern, was sich wiederum Energie sparend auswirkt. Insgesamt ist die Anlage ist für ein maximales Nutzgewicht von 4 t ausgelegt.
Dreidimensionale Strahlung
Vor der Beschichtung reinigt und entzundert eine Strahlanlage, bestehend aus 22 Turbinen, das Chassis. Das kompromisslose Reinigungsergebnis wird durch das Passieren des Chassis durch eine dreidimensionale Anordnung der Strahlturbinen rund um das Chassis erreicht. Das sogenannte 3D-Strahlen legten Experten in aufwendigen Simulationsläufen passgenau aus. Das Strahlgut aus Stahl gelangt mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h bis in den letzten Bauteilwinkel. Herunterfallendes Strahlgut wird über Förderschnecken dem Kreislauf rückgeführt.
Im Anschluss an den Strahlvorgang erfolgt die Entsandung der Fahrgestelle. Eine spezielle Vorrichtung fixiert die Chassis, um sie mit Dreh- und Kippbewegungen mehrmals um die eigene Achse zu bewegen und das Strahlgut zu entfernen.
KTL-Lack mit Kantenschutzadditiv
Verbleibendes Strahlmittel vom Strahlvorgang wird durch Dreh- und Kippbewegungen der Fahrgestelle entfernt und zurückgeführt.
Die nun metallisch blanke Oberfläche taucht in die Badstraße der Tauchanlage. Dabei werden die Chassis zunächst in einer kombinierten Schwall- und Spritzentfettung mechanisch gereinigt. Dann tauchen die Fahrgestelle in Tauchentfettungsbäder und Spülen, die sie nochmals gründlich reinigen und entfetten. Vor der Beschichtung in einer kathodischen Tauchlackierung (KTL) erfolgt eine Trikation-Zinkphosphatierung. Dabei bildet sich eine definierte Zinkphosphatschicht auf der Oberfläche des Chassis aus. Nach zwei weiteren Spülen wird die Zinkphosphatschicht noch einmal in der Passivierung behandelt. Die Passivierung ist sozusagen der Booster für den langen Korrosionsschutz. In diesem Behandlungsschritt wird die komplette Zinkphosphatoberfläche noch einmal homogenisiert und verdichtet. Dann folgen Prozessschritte mit normalem und entionisierten Wasser. Die so optimal für die Grundierung vorbereiteten Chassis werden anschließend in das ca. 200 m³ fassende KTL-Becken eingetaucht. Bei über 300 V Gleichspannung und ca. 2300 A Stromstärke scheidet sich der Lack auf der Bauteiloberfläche ab. Der eingesetzte KTL-Lack beinhaltet ein spezielles Kantenschutzadditiv, das die Schichtdicken auf der Kante deutlich verbessert. Um die Prozess-Umweltfreundlichkeit zu steigern, setzt Krone zudem auf Wasserlacke mit einem Restlösemittelanteil von 2%. Nach der Lackgrundierung folgen zwei Ultrafiltrat-Spülvorgänge zur Reinigung des KTL-grundierten Fahrgestells. Insgesamt verbringt das jeweilige Chassis in etwa 90 min in der Badstraße.
Zehn Öfen für die Trocknung
Die Grundbeschichtung wird anschließend in einem von zehn hocheffizienten KTL-Öfen bei rund 190°C vernetzt. Je nach Chassis-Typ dauert dies zwischen 40 und 60 min. Eine thermische Nachverbrennungsanlage reinigt die entstehende Abluft der Öfen. Die Wärmerückgewinnung aus dieser thermischen Nachverbrennung (TNV) setzt dabei die Aufheizung der Prozessbecken der Badlinie auf Prozesstemperatur um. Vor der Pulverbeschichtung sind die Chassis in einem dynamischen und zu 100% automatischen Lagersystem, dem Sequenzer, lagerbar. Dieser fasst rund 200 Warenträger, die durch ein Push&Pull-Fördersystem transportiert werden. Traktoren schieben oder ziehen die Warenträger in Fahrtrichtung, Transferbrücken führen die Querbewegungen aus. Das System optimiert auch die Farbwechsel. So sind individuelle Farbwünsche der Kunden optimal umsetzbar. Da die Prozessautomatisierung die Beschichtungsreihenfolge steuert, erkennt das System einen anstehenden Farbwechsel und leitet die Umstellung der Pulverkabinen automatisch ein. In der Pulverkabine vermisst ein 3D-Scanner die Geometrie des jeweiligen Chassis. Entsprechend ordnen sich die 47 Automatik-Pistolen, gelagert auf verschiedenen Achsen, in optimalem Abstand um das Chassis an und beschichten es gleichmäßig. Die Vernetzung der Pulverlacke erfolgt in einem der zehn Pulveröfen auf der zweiten Ebene des Oberflächenzentrums. Danach ist die Oberflächenbehandlung abgeschlossen. Bis zum Abruf verbleibt das Chassis im Sequenzer auf der ersten Ebene. Von dort aus werden die Komponenten der Montage zugeführt. Das Gesamtkonzept wurde u. a. von Eisenmann umgesetzt.
Intelligente Steuerung sorgt für Energieeffizienz
In nur ca. 90 Minuten durchlaufen die Fahrgestelle die Badstraße.
Die Steuerung aller Abläufe übernimmt eine intelligente Prozessautomatisierung (PA). Der Mitarbeiter der Rahmenannahme im Roh-Chassis-Puffer scannt das Chassis. In diesem Moment berechnet die PA jeden Prozessschritt und jede Bewegung innerhalb des Oberflächenzentrums in Sekundenbruchteilen aus. Ebenfalls prüft die PA die Möglichkeit, dieses Chassis mit anderen Fahrgestellen gleicher Farbe zu größeren Farbbatches zusammenzufassen. Grundlage für die Berechnung der Prozessautomatisierung ist der Fertigungsauftrag für das Chassis im Oberflächenzentrum. Entsprechend der Philosophie von Industrie 4.0 ist es bei Krone so, dass das Chassis seine individuellen Beschichtungsrezepte mitbringt. Durch Beziehungswissen aus dem im ERP-System hinterlegten Kundenauftrags-Informationen wird der Fertigungsauftrag für das Chassis im Oberflächenzentrum vollautomatisch generiert. Alle erforderlichen Rezeptinformationen und Prozessvorgaben sind in diesem Fertigungsauftrag enthalten. Selbstverständlich werden während der gesamten Beschichtung alle gefahrenen Prozessparameter für jeden Kundenauftrag kontrolliert. Diese Daten lassen sich auch jederzeit wieder aufrufen.
Leuchtturmprojekt für die Nutzung der Abwärme
Bereits vor der Inbetriebnahme hat die Deutsche Energie-Agentur (dena) das Oberflächenzentrum als Leuchtturmprojekt für die energieeffiziente Nutzung von Abwärme ausgezeichnet. Mit den neuen Techniken erzielt Krone eine Energieeinsparung um ca. 40%. “Dieses Ergebnis haben wir vor allem durch die intelligente Verknüpfung verschiedener Effizienzmaßnahmen realisiert,” sagt Mathias Schrigten, der als Mitarbeiter im Industrial Engineering bei Krone für das Abwärmekonzept verantwortlich war. Ein Beispiel für den intelligenten Einsatz ist die Nutzung der KTL- und Pulverkühlung. Die dort entstehende Abwärme bringt die Chassis im Rohchassis-Lager vor der Strahlanlage auf Temperatur. Aus der Strahlanlage fließt die warme Luft – natürlich gefiltert – dem Gebäude wieder zu. Dabei kommen durchweg effiziente Antriebe, Turbinen und Hochleistungsfilter mit möglichst geringen Druckverlusten zum Einsatz. “Mit der neuen Beschichtungsanlage bringen wir den Standort Werlte auf den technisch besten Stand der Industrialisierung, der zurzeit realisierbar ist”, bestätigt Bernard Krone, geschäftsführender Gesellschafter der Krone Nutzfahrzeuge Gruppe.
Zum Netzwerken:
Fahrzeugwerk Bernard Krone GmbH & Co. KG, Werlte, Henning Jansen, Tel. +49 5951 209-655, henning.jansen@krone.de, www.krone-trailer.com
Eisenmann Anlagenbau GmbH & Co. KG, Böblingen, Carlos Rodrigues, Tel +49 7031 782545, carlos.rodrigues@eisenmann.com, www.eisenmann.com
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