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Forschung am Hochrotationszerstäuber

Bei einem aktuellen Forschungsprojekt unter Beteiligung des Fraunhofer IPA haben Mitarbeiter numerische und experimentelle Untersuchungen an Hochrotationszerstäubern durchgeführt, um ein genaueres Verständnis der Tröpfchenentstehung zu erlauben. Somit könnten künftig Lackierfehler schneller abgestellt oder direkt vermieden werden.

Grafik 1: Lackzerstäubung bei variablen Betriebsparametern und axialer Beobachtung (links: Simulation
Grafik 1: Lackzerstäubung bei variablen Betriebsparametern und axialer Beobachtung (links: Simulation -

Die elek­trostatisch unterstützte Hochrotationszerstäubung ist eine Methode, mit der Auftragswirkungsgrade von bis zu 90% erreichbar sind –  bei gleichzeitig sehr guter Beschichtungsqualität bezüglich optischem Erscheinungsbild und Homogenität. Der reduzierte Overspray erlaubt zudem höhere Standzeiten in der Lacknebelabscheidung.

Theoretische Auslegung

Die Zerstäuberentwicklung geschieht aktuell weitgehend empirisch, deshalb ist eine systematische Anpassung der Zerstäuber an die jeweiligen Aufgabenstellungen noch nicht realisiert. Grundvoraussetzung für eine innovative Vorgehensweise bei der Zerstäuberentwicklung ist ein besseres Verständnis des Prozesses. Die Fortschritte in der numerischen Beschreibung fluiddynamischer Prozesse, die zunehmende Leistung moderner Hochleistungsrechenzen­tren und neue Generationen an Hochgeschwindigkeitskameras erlauben jetzt, den Zerstäubungsvorgang numerisch und experimentell mit dem erforderlichen Detaillierungsgrad zu beleuchten. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurden nu­merische und experimentelle Untersuchungen des Beschichtungsvorganges mit Hochrotationszerstäubern durchgeführt. Die Untersuchungen umfassen alle relevanten physikalischen Teilprozesse bei der Lackapplikation mittels Hochrotationszerstäubern, ausgehend von der Strömung des Lacks auf dem Glockenteller bis hin zur Deposition der Lacktropfen auf dem Werkstück, einschließlich der auf die geladenen Tropfen wirkenden elektrischen Feldkräfte und des Raumladungseffektes. Ein zentraler Punkt der Untersuchungen liegt auf der Modellierung sowie Simulation des Zerfalls- und Tropfenbildungsprozesses unmittelbar an der Glockentellerkante, in zwei Schritten.

Forschungsschwerpunkte

Grafik 2: Visualisierung der Zerstäubung mit einer radialen Beobachtung (links: Simulation, rechts: Experiment). Grafiken: Fraunhofer IPA

Grafik 2: Visualisierung der Zerstäubung mit einer radialen Beobachtung (links: Simulation, rechts: Experiment). Grafiken: Fraunhofer IPA

Der erste Schritt beschäftigt sich mit der Modellierung der Filmbildung auf der Verteilerscheibe und der Innenfläche des Glockentellers. Es wurden numerische Simulationen mit dem Volume-of-Fluid-Ansatz (VoF) durchgeführt. Prozess­parameter – Drehzahl, Farbenmenge und Strukturviskosität der Lackflüssigkeit – wurden variiert, um deren Einflüsse auf die Filmdickenverteilung auf der Glocke zu untersuchen. Im zweiten Schritt wurde der Zerfallsprozess der Lackflüssigkeit in der Nähe der Glockenkante im Detail untersucht. Als Eingangsbedingungen für die Simulationen wurden die Lenkluftströmung an der Glocke, die Eigenschaften des Flüssigkeitsfilms an der Glockenkante, d.h. Filmdicke, Filmgeschwindigkeiten und Viskosität, die aus den Filmbildungssimulationen erhalten wurden, angewendet. Darüber hinaus wurden benutzerdefinierte Funktionen in einem kommerziellen Rechenprogramm “ANSYS Fluent” zusammengestellt, um die durch den Zerfallsprozess gebildeten Tröpfchen zu identifizieren und zu charakterisieren. Auf diese Weise können Tropfen­eigenschaften wie Durchmesser, Geschwindigkeit und Position bestimmt werden.

Forschungsprojekt
Das Fraunhofer IPA hat gemeinsam mit der Hochschule Esslingen Ende letzten Jahres das Forschungsprojekt “Ressourceneffiziente Beschichtung mithilfe innovativer Hochrotationszerstäuber” abgeschlossen. Das Projekt wurde über die Deutsche Forschungsgesellschaft für Oberflächenbehandlung e.V. (DFO) in Kooperation mit der Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke e.V. bei der AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen “Otto von Guericke” e.V. als industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) eingereicht und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter dem Förderkennzeichen 19097 N gefördert. Das Projekt begleiten 25 Firmen aus dem Bereich Lackhersteller, Anlagenentwickler und Lackanwender im Automotive- und Nicht-Automotive-Umfeld. Ziel des Projekts war es, den Zerstäubungsprozess bei der Hochrotation besser zu verstehen, um damit Lackierfehler zu vermeiden und flexibler und einfacher in der Anwendung zu werden.

Die Ergebnisse werden beispielhaft in Grafik 1 und 2 dargestellt. Gezeigt sind Zerfallsprozesse bei unterschiedlichen Betriebsparametern nahe der Glockenkante. Bei der niedrigen Drehzahl des Glockentellers von 20.000 min-1 sind Wellenstrukturen des Lackfilms an der Glocke in Grafik 1b deutlich zu sehen. Dieser Zerfall kann als Strahlzerfall bezeichnet werden. Bevor die Lackligamente sich vom Lackfilm abtrennen, können einige Tröpfchen an der Spitze der Lackligamente entstehen.

Tropfenbildung

Die meisten Tröpfchen bilden sich jedoch während der weiteren Zerlegung der Ligamente, nämlich beim sogenannten sekundären Zerfall. Bei einer hohen Drehzahl von 55.000 min-1 können keine wesentlichen Lackligamente in Grafik 1a beobachtet werden. Unabhängig von den Betriebsparametern wird der Lack jedoch nicht direkt an der unteren Kante der Glocke abgeschleudert, sondern wandert um die Kante herum und fließt dann weiter entlang der Außenfläche der Glocke nach oben (s. Grafik 2), bevor der Zerstäubungsvorgang beginnt. Nach der Zerstäubung werden die Partikelbahnen von der verwendeten Lenkluft beeinflusst. Es ist sowohl in der Simulation als auch in den Experimenten (s. Grafik 2) festzustellen, dass die meisten Partikel schräg nach unten fliegen und nur wenige Partikel eine horizontale Flugbahn einnehmen. Die horizontal ausfliegenden Partikel könnten sich in der Praxis unter der Wirkung der elektrischen Kräfte nach oben bewegen und zur Verschmutzung des Zerstäubers führen. Die Simulationsergebnisse liefern wichtige Informationen über die Partikelgrößenverteilung sowie Größen-Geschwindigkeitskorrelation nahe der Glocke. Dies erlaubt ein besseres Verständnis der Zerstäubung und in der Folge gezielte Optimierungen. Beschichtungssimulationen an komplexen Bauteilen können die Informationen als Eingangsdaten verwenden, um die Genauigkeit zu erhöhen.

Zum Netzwerken:

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Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart,
Dr. Michael Hilt, Tel. +49 711 970-3820, michael.hilt@ipa.fraunhofer.de,
Dr. Oliver Tiedje, Tel. +49 711 970-1773, oliver.tiedje@ipa.fraunhofer.de,
Dr.-Ing. Qiaoyan Ye, Tel. +49 711 970-1724, qiaoyan.ye@ipa.fraunhofer.de,
www.ipa.fraunhofer.de/beschichtung

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